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Neuerung in der Erweiterten Herstellerverantwortung: EPR für Textilien

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Die Textilindustrie steht vor einer umfassenden Veränderung durch die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR), die nun auch auf Textilien angewendet wird. Dieser Ratgeber erläutert, was die EPR für Textilien bedeutet, welche neuen EU-weiten Regelungen gelten und wie der aktuelle Stand in Deutschland aussieht.

Was ist die EPR für Textilien?

Die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) verpflichtet Hersteller und Händler, die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu übernehmen – von der Produktion über die Nutzung bis zur Entsorgung oder Wiederverwertung. Im Textilbereich umfasst dies Kleidung, Schuhe, Heimtextilien und andere textile Produkte. Unternehmen, die solche Produkte in der EU auf den Markt bringen, sind für deren Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und Recycling verantwortlich.

Das Ziel der EPR ist es, die Umweltbelastung durch Textilabfälle zu verringern und eine Kreislaufwirtschaft zu fördern. In der EU fallen jährlich etwa 5,8 Millionen Tonnen Textilabfälle an, von denen nur etwa 30–35 % gesammelt und wiederverwendet oder recycelt werden. Weniger als 1 % der Textilien werden in ein Faser-zu-Faser-Recycling überführt, was bedeutet, dass neue Kleidung aus recycelten Fasern hergestellt wird. Die EPR soll dies ändern, indem sie Hersteller dazu anregt, langlebigere, reparierbare und recyclingfähige Produkte zu entwickeln. Gleichzeitig müssen sie die Kosten für die Entsorgung tragen.

Konkret bedeutet dies für Unternehmen:

  • Registrierungspflicht: Sie müssen sich in nationalen Erzeugerregistern anmelden, ähnlich wie bei Verpackungen über das LUCID-System in Deutschland.
  • Gebührenpflicht: Mengenabhängige Beiträge finanzieren Sammel- und Recyclinginfrastrukturen. Diese Gebühren können durch Ökomodulation gesenkt werden, wenn Produkte umweltfreundlicher gestaltet sind.
  • Rücknahmesysteme: Unternehmen müssen sich an Systemen beteiligen, die die Sammlung und Verwertung organisieren, oder eigene Lösungen entwickeln.

Die neue EU-weite Regelung

Die EU hat mit ihrer Textilstrategie vom März 2022, eingebettet in den European Green Deal, die Grundlage für eine harmonisierte EPR für Textilien geschaffen. Diese wird durch die Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie (Waste Framework Directive, 2008/98/EG) verbindlich geregelt. Ziel ist es, die Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten und die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu minimieren.

Ab dem 1. Januar 2025 ist die getrennte Sammlung von Textilien in allen EU-Mitgliedstaaten verpflichtend. Kommunen und Entsorgungsträger müssen Sammelstellen wie Container oder Rücknahmesysteme in Geschäften bereitstellen. Hersteller tragen die Kosten für diese Infrastrukturen sowie für Sortierung, Wiederverwendung und Recycling. Die Gebühren sollen durch Ökomodulation gestaltet werden: Produkte, die langlebig, reparierbar oder recyclingfähig sind, verursachen geringere Kosten.

Am 17. Juni 2024 hat der EU-Rat weitere Details festgelegt:

  • Verpflichtung für alle Unternehmen: Auch Kleinstunternehmen fallen unter die EPR, mit Ausnahmen für sehr kleine Mengen.
  • Zielvorgaben: Bis 2028 müssen Mitgliedstaaten spezifische Quoten für Abfallvermeidung, Sammlung, Wiederverwendung und Recycling erreichen.
  • EU-weite Transparenz: Eine zentrale Website wird Links zu nationalen Erzeugerregistern bereitstellen, um die Registrierung zu erleichtern.
  • Umsetzungsfrist: Mitgliedstaaten haben 24 Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie Zeit, nationale EPR-Systeme einzuführen (verlängert von ursprünglich 18 Monaten).

Einige Länder sind bereits weiter: Frankreich hat seit 2008 ein EPR-System für Textilien, die Niederlande seit Juli 2023. In Frankreich müssen Textilien das Triman-Symbol tragen, das auf die getrennte Sammlung hinweist. Schweden, Portugal und Ungarn arbeiten an eigenen Systemen, während die EU-Richtlinie einheitliche Standards schaffen soll. Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern aktiv sind, müssen die jeweiligen nationalen Regelungen beachten, bis die Harmonisierung vollständig umgesetzt ist.

Die EU plant zudem, die Produktgestaltung zu beeinflussen. Beispielsweise sollen Textilien weniger Schadstoffe enthalten und besser recycelbar sein. Dies wird durch Vorgaben wie das Ökodesign für nachhaltige Produkte (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) unterstützt, das parallel zur EPR entwickelt wird.

 

Aktueller Stand in Deutschland

In Deutschland gibt es derzeit kein verpflichtendes EPR-System für Textilien, aber die Einführung steht bevor. Die EU-Vorgaben müssen bis spätestens 2027 in nationales Recht umgesetzt werden. Bereits jetzt fordert die Branche, insbesondere der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse), die Einführung einer EPR, um die bestehende Infrastruktur aus Sammlern, Sortierern und Verwertern finanziell zu unterstützen.

Die getrennte Sammlung von Textilien wird ab Januar 2025 auch in Deutschland Pflicht sein. Dies betrifft zunächst Verbraucher und kommunale Entsorgungsträger, die geeignete Sammelsysteme bereitstellen müssen. Für Unternehmen wird die EPR jedoch die größere Herausforderung darstellen. Sie müssen sich auf Registrierungspflichten, Gebühren und die Zusammenarbeit mit Rücknahmesystemen vorbereiten.

Das Umweltbundesamt hat 2023 vier mögliche EPR-Modelle für Deutschland entwickelt, die von einer freiwilligen Branchenlösung bis hin zu einem verpflichtenden System reichen. Die genaue Ausgestaltung ist noch offen, aber die Modelle betonen die Notwendigkeit, bestehende Strukturen wie Second-Hand-Märkte und soziale Unternehmen einzubinden.

Unternehmen, die in Deutschland Textilien verkaufen, sollten sich frühzeitig informieren, insbesondere wenn sie bereits in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden aktiv sind. Dort gelten zusätzliche Anforderungen wie die Kennzeichnung mit dem Triman-Symbol (Frankreich). In Deutschland wird die Registrierung voraussichtlich über ein System ähnlich dem LUCID-Portal für Verpackungen erfolgen.

Fazit

Die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien markiert einen Wendepunkt für die Textilindustrie in der EU und in Deutschland. Sie verpflichtet Hersteller und Händler, die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu übernehmen, von der Produktion bis zur Wiederverwertung. Die EU-weite Regelung, die ab 2025 die getrennte Sammlung und bis 2027 nationale EPR-Systeme vorschreibt, zielt darauf ab, die Umweltbelastung durch Textilabfälle zu reduzieren und eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Durch Ökomodulation werden umweltfreundliche Produkte gefördert, während die Kosten für Sammlung und Recycling klar den Inverkehrbringern zugeteilt werden.

In Deutschland steht die Einführung eines EPR-Systems noch aus, aber die getrennte Sammlung wird ab 2025 Pflicht. Unternehmen müssen sich auf Registrierungspflichten, Gebühren und die Zusammenarbeit mit Rücknahmesystemen einstellen. Die Modelle des Umweltbundesamts zeigen verschiedene Wege auf, wobei ein verpflichtendes System wahrscheinlich ist. Die bestehenden Strukturen, wie Second-Hand-Märkte und soziale Sammler, werden eine wichtige Rolle spielen, benötigen aber finanzielle Unterstützung durch die EPR.

Für Unternehmen ist es entscheidend, sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinanderzusetzen. Dies umfasst die Registrierung in nationalen Systemen, die Anpassung der Produktgestaltung an Nachhaltigkeitskriterien und die Planung der Kosten für Gebühren und Rücknahme. Besonders für Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, ist es wichtig, die unterschiedlichen nationalen Regelungen im Blick zu behalten, bis die EU-Harmonisierung vollständig greift. Die EPR bietet die Chance, die Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten, stellt Unternehmen aber auch vor organisatorische und finanzielle Herausforderungen.